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Digital Leadership: Wie Führung über den Erfolg digitaler Transformation entscheidet.

Wir stehen an einem Wendepunkt: Lieferketten kollabieren, Volkswirtschaften wanken, und die digitale Zukunft mit all ihren neuen Technologien klopft nicht mehr – sie tritt die Tür ein. Wer jetzt nur auf das Tagesgeschäft schaut, riskiert den Anschluss. Die Zeit drängt, und Unternehmen brauchen mehr als bloße Anpassung – sie brauchen Führung, die den Wandel nicht nur versteht, sondern gestaltet. In unserem Interview mit Helen Gebre Jocham, Expertin für systemische Organisationsentwicklung und Transformation, erfahren Sie, wie ein neuer Ansatz – Digital Leadership – Organisationen und die Menschen dahinter in die neue Ära bringt. Denn es geht hier um weit mehr als Technologie: Es geht darum, mit kritischen Kompetenzen, klarem Commitment und gezieltem Empowerment Teams zu mobilisieren und nachhaltig messbare Erfolge zu sichern – denn in einer Welt im Umbruch ist Stillstand in Sachen Führung keine Option.

Was bedeutet Digital Leadership für Sie und wie definieren Sie diesen Begriff?

Digital Leadership lässt sich gut als eine vielarmige Gestalt vorstellen, die gleichzeitig in alle Richtungen greift, um die unterschiedlichsten organisatorischen Herausforderungen zu meistern. Jeder dieser „Arme“ steht für eine zentrale Fähigkeit moderner Führung: Agilität, Change Management, Mitarbeiterorientierung, technologische Affinität und Innovationskraft. Diese Kompetenzen wirken wie ineinandergreifende Hebel, mit denen Digital Leaders komplexe Situationen erkennen, gezielt intervenieren und nachhaltige Lösungen umsetzen. Die wahre Kunst besteht darin, in einer Arbeitswelt, die von disruptiven Innovationen und permanenter digitaler Kommunikation geprägt ist, eine vertrauensvolle Beziehungsebene zu den Mitarbeitenden aufzubauen – und gleichzeitig das Geschäftsmodell kontinuierlich weiterzuentwickeln. Führungskräfte müssen Teams virtuell und vor Ort vernetzen, Unsicherheiten managen und den Mut haben, Verantwortung abzugeben. Nur so entsteht eine Kultur, in der Experimente möglich sind und Fehlertoleranz gelebt wird.

Fünf Schlüsselkompetenzen bilden dafür das Fundament: Erstens ein digitales Mindset, das Offenheit für neue Technologien und datengetriebene Entscheidungen schafft. Zweitens die Bereitschaft zu vertrauen und anderen Verantwortung zu übertragen. Drittens die Fähigkeit, Silos aufzubrechen und übergreifende Netzwerke zu knüpfen. Viertens absolute Transparenz in Zielen, Prozessen und Ergebnissen. Und schließlich ein ausgeprägtes Relationship Management, mit dem Führungskräfte empathisch Bindung und Engagement stärken. Wer all diese Elemente zu einer stimmigen Einheit verbindet, gestaltet sein Unternehmen flexibel, innovativ und zukunftsfähig.

Welche Schwerpunkte setzen Sie in Ihrem Beratungsportfolio bei digitalen und datengetriebenen Transformationsvorhaben?

Digital Leadership bildet die Klammer für unsere datengetriebenen Transformationsvorhaben: Nur mit einer starken, digital souveränen Führungsebene werden Datenstrategie und -governance im Unternehmen tatsächlich wirksam. Bei Ventum Consulting legen wir daher den Fokus zunächst auf die Entwicklung einer ganzheitlichen Datenstrategie, die fest in Ihrer Geschäfts- und Digitalstrategie verankert ist. Gemeinsam formulieren wir eine präzise Transformation Roadmap, definieren Leitplanken für KI-, Analytics- und Wissensmanagement-Initiativen und stellen von Anfang an Datenqualität, Compliance und transparente Daten-Governance-Strukturen sicher. Ein dreiphasiges Reifegrad-Assessment bewertet objektiv den Status quo, deckt Handlungsfelder auf und liefert einen klar strukturierten Maßnahmenplan. In kompakten Starter-Workshops mit Ihren Führungsteams können wir Fähigkeitslücken identifizieren. So schaffen wir in kurzer Zeit nicht nur die technischen und organisatorischen Voraussetzungen, sondern entwickeln gleichzeitig die Führungs- und Veränderungskompetenzen, die für nachhaltiges Wachstum und messbare Erfolge im digitalen Zeitalter unerlässlich sind.

Können Sie ein konkretes Projektbeispiel nennen?

Bei einem großen Automobil-Finanzdienstleister haben wir ein Team bei der Transformation von B2B- und B2C-Prozessen begleitet. Ziel war es, Abläufe zu vereinheitlichen und Systembrüche zu minimieren. Wir haben KI-gestützte Tools eingeführt, um Dokumentationen zu automatisieren, und die Mitarbeiter intensiv geschult, um sie datengetrieben arbeiten zu lassen. Der Schlüssel war, nicht nur Technologie einzuführen, sondern die Teams zu befähigen – ein Punkt, den wir auch in anderen Projekten sehen: Technologie wird oft implementiert, aber ohne Enablement bleibt der Erfolg aus. Das ist unser Ansatz, um nachhaltige Veränderung zu schaffen.

Was unterscheidet Digital Leadership vom traditionellen Leadership?

Digital Leadership unterscheidet sich vom traditionellen Leadership vor allem durch einen flexibleren, stärker an Menschen orientierten Führungsstil: Anstelle weitgehend hierarchischer Top-Down-Anweisungen setzt es auf Empowerment, Coaching und eigenverantwortliches Handeln der Mitarbeitenden. Dabei ist das Ziel die bewährten Stärken des bestehenden Geschäftsmodells zu nutzen und zu optimieren und zum anderen gezielt Raum für digitale Innovationen, kontinuierliches Lernen und Veränderungsprozesse zu schaffen. Digital Leadership ist daher anpassungsfähiger, personenzentrierter und coaching-orientiert. Es geht weniger um transaktionale Führung und mehr um Empowerment. Dieser Wandel fordert und fördert Flexibilität und strategisches Denken, was traditionelle Ansätze oft nicht leisten konnten.

Welche Schlüsselkompetenzen sind für digitales Leadership unerlässlich?

Zu den Kernkompetenzen zählen ein digitales Mindset – also die Bereitschaft, sich mit Technologietrends auseinanderzusetzen –, innovatives Denken, Vernetzung innerhalb der Organisation, Vertrauensbildung durch Dialog und Beziehungsaufbau, Mut zum Voranschreiten sowie Demut, um das Team in den Vordergrund zu stellen. Resilienz ist eine weitere wichtige Kompetenz, um zum Beispiel Teams als Vorbild durch Unsicherheiten führen können.

Wie lässt sich der Erfolg von Digital Leadership messen?

Das ist eine komplexe Frage da Digital Leadership sich um eine Führungskompetenz handelt die sich zusammensetzt aus weichen und harten Kriterien. Ganz klassisch lassen sich die Effekte über Metriken wie den Net Promoter Score, Employee Engagement oder den ROI bewerten. Für die Bewertung der Innovationsfähigkeit, datengetriebener Entscheidung, Technologie Affinität können interviewbasierte 360 Grad Befragungen helfen zur Bewertung und weiteren Identifikation von Handlungsfeldern.
Ich sehe KPIs wie die Geschwindigkeit der Ergebniserzielung – etwa durch virtuelle Teams statt endloser Meetings –, Kosteneinsparungen durch Automatisierung und die Kundenzufriedenheit. Ein Beispiel ist ein Hotline-Projekt, bei dem Bot-Systeme die Erfassung beschleunigten und Personalkosten senkten, während Mitarbeiter:innen für innovativere Aufgaben freigesetzt wurden.

Wichtig ist Digital Leadership nicht nur in einzelnen Aspekten, sondern ganzheitlich zu betrachten – von Führungsverhalten über digitale Reife bis zur Wirkung auf Kunden, Prozesse und Kultur.

Wie wichtig ist es für Führungskräfte, aktuelle Trends zu verstehen und anzuwenden, und vor allem wie halten Sie sich informiert?

Es ist eine der wichtigsten Kompetenzen. Deutschland lag im IMD Ranking 2024 auf Platz 23 – das zeigt, wie statisch wir oft denken. Führungskräfte müssen Trends wie KI oder IoT adaptieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Ich informiere mich über Fachpublikationen, Konferenzen und Netzwerke wie LinkedIn. Offenheit für Neues ist entscheidend, denn Zurückhaltung bremst Innovation.

Digital Leadership bietet auch eine Lösung für die Angst vor dem Unbekannten – eine Hürde, die besonders Deutschlands risikoaverse Kultur prägt – indem es durch iterative Ansätze, datenbasierte Entscheidungen und eine Experimentierkultur Unsicherheiten abbaut und Vertrauen in den Wandel schafft.

Angesichts möglicher Resistenzen gegenüber Veränderungen: Welche Strategie empfehlen Sie, um diese Hürden zu überwinden?

Der Schlüssel liegt im Vorleben durch Führungskräfte – wie der Spruch sagt: „Der Fisch stinkt vom Kopf.“ Wenn die Führung nicht hinter der Digitalisierung steht, fehlt dem Team die Motivation. Transparente Kommunikation, Mitarbeiter auf die Reise mitnehmen, kleine Erfolge feiern und Schulungen wie bei ChatGPT-Nutzung anbieten, sind essenziell. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass kleine Pilotprojekte und sichtbare Vorteile Widerstände enorm abbauen können.

Welche konkreten Schritte sollten Unternehmen jetzt gehen, um Digital Leadership einzuführen?

Erstens: Digital Maturity Check auf Führungsebene
Zweitens: Verankerung im Strategischen Leitbild
Drittens: Digitale Ziele und Roadmap ableiten
Viertens: Digital Champions als Vorbilder und Multiplikatoren in der Organisation aufbauen
Fünftens: Trainings und Vernetzungsformate zum erleben der Themen
Sechstens: Führungskräfte als Innovatoren, die aktiv disruptive Ideen und Trends einbringen.
Helen Gebre Jocham

Principal und Expertin für systemische Organisationsentwicklung und Transformation

Helen Gebre Ventum Consulting
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